(This post is about a specific German tax issue and is therefore in German.)
Erinnert ihr euch an den Sommer 2010? Das iPhone 4 erschien und war in vielen Ländern ohne SIM-Lock erhältlich – nur nicht in Deutschland. Als Entwickler brauchte ich ein iPhone 4, aber mir einen Telekom-Vertrag mit zwei Jahren Laufzeit an die Backe zu heften kam nicht in Frage. Also habe ich, wie viele andere auch, im Juli 2010 mein iPhone 4 bei Apple UK bestellt und mir von Borderlinx liefern lassen.
Das hat alles gut geklappt – bis auf eine Kleinigkeit: als Unternehmer, der das iPhone beruflich verwendet, kann ich die gezahlte Umsatzsteuer normalerweise beim Finanzamt als Vorsteuer geltend machen und bekomme sie dann erstattet. Hätte ich das iPhone in Deutschland gekauft, wäre das auch kein Problem gewesen. Für Käufe im europäischen Ausland erstattet mir das deutsche Finanzamt jedoch nichts. Normalerweise sollte in diesem Fall der Verkäufer (Apple UK) dem zum Vorsteuerabzug berechtigten ausländischen Käufer (mir) erst gar keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Der Apple Online Store scheint einen solchen Vorgang allerdings nicht zu unterstützen.1
So hat Apple UK mir außer dem Nettopreis von £509,79 auch £89,21 (17,5%) Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Kein Weltuntergang, aber es wäre doch schön, wenn man sich dieses Geld zurückholen könnte. Und siehe da, es gibt einen Weg.
Das Umsatzsteuer-Vergütungsverfahren
Die von mir zu viel gezahlte Umsatzsteuer ist an den britischen Fiskus geflossen, also liegt auf der Hand, dass ich sie mir nur von dort wiederholen kann. Die EU-Staaten sehen dafür ein Antragsverfahren mit dem schönen Namen Umsatzsteuer-Vergütung an inländische Unternehmer durch ausländische Staaten vor. Das Bundeszentralamt für Steuern dazu:
Inländische Unternehmer, die im Drittland Lieferungen oder sonstige Leistungen beziehen, können die Erstattung der ihnen in Rechnung gestellten Umsatzsteuern dort direkt beantragen.
Der klassische Anwendungsfall für die USt-Vergütung sind Auslandsreisen, bei denen Spesen (z.B. Bewirtungskosten) im Ausland anfallen, für die im Ausland Umsatzsteuer bezahlt werden muss. Ein im Ausland bestelltes Produkt gehört sicher nicht zu den Lehrbuchbeispielen, da die meisten Händler die USt wie gesagt gar nicht erst in Rechnung stellen. Aber der Vorgang ist derselbe.
Antrag in Deutschland, wird weitergeleitet ins Ausland
Obwohl der Antrag auf USt-Vergütung an die ausländische Steuerbehörde (in meinem Fall: UK) gestellt werden muss, kann der eigentliche Antragsvorgang elektronisch beim Bundeszentralamt für Steuern gestartet werden. Das BZSt leitet die Daten dann weiter. Schritt für Schritt:
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Die Informationsseite zur Umsatzsteuervergütung beim BZSt durchlesen.
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Wenn noch nicht geschehen, beim Online-Portal des BZSt (ElsterOnline) registrieren. Die Website wird vom Bayerischen Landesamt für Steuern betrieben, ist aber bundesweit gültig.
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Nach der Anmeldung bei ElsterOnline findet ihr unter Formulare → Umsatzsteuer das Formular Antrag auf Umsatzsteuervergütung inländischer Unternehmer im Ausland. Das Ausfüllen des Formulars ist nicht allzu schwierig: eigene Daten eingeben, Empfängerland (UK) und Erstattungszeitraum (01-12/2010) auswählen und die Rechnungsdaten eingeben. Eine Kopie der Rechnung sollte als PDF-Datei angehängt werden. Im Feld „Ergänzende Angaben“ habe ich noch erläutert, warum ich das iPhone nicht im Inland kaufen konnte und warum ich es für mein Unternehmen benötige.
Ich bin kein Steuerexperte, deswegen wendet auch bei Zweifeln oder Fragen bitte an euren Steuerberater.
Der Antrag für das vergangene Jahr muss spätestens bis zum 30.09. des Folgejahres eingereicht werden. Beim ersten Antrag muss man sich vorher für die Datenübermittlung freischalten lassen, das dauert ein paar Tage. Ihr habt also noch etwas Zeit für die Antragsstellung für 2010. Der Mindesterstattungsbetrag liegt meines Wissens je nach Zielland bei 50-100 €.
Nach Absendung des Antrags erhielt ich keine 48 Stunden später eine Eingangsbestätigung der britischen Finanzbehörden per E-Mail. Die gesamte Bearbeitung des Antrags bis zur Auszahlung der zu viel gezahlten Umsatzsteuer dauerte gute drei Monate. Als letztens der Betrag von £89,21 auf meinem Konto einging, hatte ich das Ganze schon fast wieder vergessen, umso überraschter war ich. Absender der Zahlung: “HM Revenue & Customs, VAT Overseas Repayment Unit”.
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Und das, obwohl man beim Kauf sehr wohl seine USt-Id-Nummer angeben kann. Diese erscheint auch auf der Rechnung, allerdings hat sie offensichtlich nur informativen Charakter. Ich nehme an, Apple sieht den USt-Abzug für ausländische Käufer nicht vor, weil die länderspezifischen Apple Online Stores sowieso keine Lieferung ins Ausland anbieten. Es gibt auch noch einen Business Apple Store, der evtl. anders funktioniert. Da man im Business Apple Store UK aber nur Mitglied werden kann, wenn man auch ein Büro im Vereinigten Königreich besitzt, war das auch keine Option für mich. ↩︎